Kommunale Energieversorger stehen vor der Aufgabe, Alternativen zu fossilen Energieträgern ausfindig zu machen und neue Versorgungsstrukturen aufzubauen. Leider passiert das zurzeit eher schleppend. Deshalb haben wir beschlossen, beim Zukunftsforum Energie & Klima am 2. Oktober 2025 eine Paneldiskussion zum Thema „Gamechanger Geothermie“ einzubringen. Moderiert von Dirk Filzek, verantwortlich für den Bereich Wissenstransfer bei House of Energy, gaben Gregor Dilger (Bundesverband Geothermie e.V.), Anne Irmscher (Mainova AG) und Mirko Huber (H. Angers Söhne Bohr- und Brunnenbaugesellschaft mbH) Einblicke in die aktuellen Entwicklungen.
Warum Geothermie? – Bedeutung und Potenziale
Die Nutzung der Geothermie – also der in der Erdkruste gespeicherten Wärme – wird zunehmend als Schlüsselelement für eine nachhaltige Wärmeversorgung diskutiert. Sie bietet gegenüber fossilen Lösungen wesentliche Vorteile:
- Geothermie ist grundlastfähig und kann das ganze Jahr über rund um die Uhr Wärme oder Kälte liefern.
- Sie ist heimisch, lokal nutzbar und unabhängig von internationalen Lieferketten.
- Sowohl oberflächennahe als auch tiefe Geothermie sind etabliert und technologisch weiterentwickelt. (Umweltbundesamt)
- In Deutschland liegt der jährliche Wärme- und Kältebedarf bei etwa 1.100 bis 1.200 TWh – Geothermie wird vielfach als Technologie diskutiert, die einen erheblichen Teil davon decken kann. (BVEG)
- Prognosen gehen davon aus, dass durch den Ausbau von Geothermie heute untergenutzte Potenziale gehoben werden können – in Szenarien reicht dies bis zu 300+ TWh pro Jahr. (gfz.de)
Dennoch befindet sich die Tiefengeothermie aktuell noch im Nischenszenario – nur wenige Projekte realisieren jährlich den Schritt in den Betrieb. Das GeoBG (Geothermiebeschleunigungsgesetz), derzeit in der Lesung im Bundestag, soll Genehmigungsverfahren und Rahmenbedingungen deutlich verbessern.
Erkenntnisse aus der Podiumsdiskussion
Während der Veranstaltung wurden zentrale Erkenntnisse für Praxis und kommunale Umsetzung gesammelt. Hier sind die wichtigsten:
- Tragende Rolle in der kommunalen Wärmeversorgung
Geothermie hat das Potenzial, rund 700 TWh des Wärme- und Kältebedarfs zu decken – ein substantieller Anteil an den ~1.100 TWh des Gesamtbedarfs. - Versorgungssicherheit & Resilienz
Der Einsatz von Erdwärme stärkt die Unabhängigkeit: ressourcenstabil, wetterunabhängig, lokal zugänglich. - Technologische Vielfalt vorhanden
Lösungen reichen von oberflächennahen Systemen bis zu tiefen geothermischen Systemen, je nach Standortbedingungen. - Kombination mit Wärmepumpen, PV und Wärmespeichern
Die Integration weiterer Technologien macht Geothermie vielfältig einsetzbar für die Wärmewende und erhöht Effizienz und Flexibilität. - Standortspezifität in der Technologieauswahl
Jede Kommune muss technisch-geologische Bedingungen prüfen und diverse Optionen in Betracht ziehen. - Verbesserte Rahmenbedingungen durch Gesetzgebung
Das geplante GeoBG verspricht Beschleunigung von Genehmigungen und Investitionssicherheit. - Bedeutung von Partnerschaften & Vernetzung
Projekte wie das Klimaschutzquartier Frankfurt Hilgenfeld zeigten: Der Erfolg steht und fällt mit frühzeitiger Kooperation und belastbaren Partnerschaften. - Technologie-Beispiel HoriThermie
Einsatz von horizontalen Filterbrunnen zur Nutzung von Grundwasserwärme (mit Ausgleich der Grundwasserbilanz) – gekoppelt mit Großwärmepumpen ab etwa 5 MW thermischer Leistung. - Förderprogramme als Hebel
Relevante Programme wie BEW, BEG, EEW sowie regional ergänzende Fördermöglichkeiten spielen eine entscheidende Rolle. - Verlässlichkeit des CO₂-Preises
Investitionen der Akteure basieren heute auf einem steigenden CO₂-Preis. Planungssicherheit und Verlässlichkeit sind essenziell.
Diese Erkenntnisse wurden lebhaft mit dem Publikum und den Referent:innen diskutiert und mit praktischen Perspektiven angereichert.
Bedeutung für Kommunen und nachhaltige Finanzierung
Für Kommunen steht die Frage im Mittelpunkt: Wie lässt sich Geothermie kosteneffizient, risikoarm und langfristig in die Wärmeversorgung integrieren?
- Frühe Machbarkeitsanalysen, geologische Begutachtungen und Bürger:innenbeteiligung sind unerlässlich.
- Investitionsmodelle mit Private-Public-Partnerships (PPP) können Risiken teilen.
- Sustainable Finance-Standards fordern Transparenz, Planungssicherheit und langfristige Rendite, da stabile Rahmenbedingungen besonders wichtig sind.
- Mit dem GeoBG und einer klaren CO₂-Preispolitik werden erstmals die institutionellen Hemmnisse adressiert.
Einbindung unserer Mitgliedsunternehmen
House of Energy ist mehr als Gastgeber: Durch unser Netzwerk und die Mitwirkung unserer Mitgliedsunternehmen schaffen wir Praxisbezug und Umsetzungskraft. Direkten Bezug zu Geothermie haben folgende unserer Mitglieder:
Anger’s Söhne Bohr- und Brunnenbaugesellschaft mbH bringt tiefes technische Know-how in Bohr- und Brunnenlösungen ein. www.angers-soehne.de
VULCAN ENERGY kombiniert mittels Tiefengeothermie die Bereitstellung Erneuerbarer Energie mit der nachhaltigen Lithiumproduktion. https://v-er.eu/de
Zusätzlich sind in unserem Netzwerk Unternehmen aktiv, die im Technologie-, Planungs- und Versorgungsumfeld der Geothermie mitwirken – und so Synergien für kommunale Projekte ermöglichen. Auch Energieversorgungsunternehmen, Wirtschaftskanzleien, Finanzinstitute und Forschungseinrichtungen verstärken unser Portfolio. Unsere Mitglieder
Ausblick & Handlungsempfehlungen
Die Diskussion zeigte klar: Für eine erfolgreiche Wärmewende mit Geothermie brauchen wir:
- konsequente Rechts- und Rahmenregelungen (z. B. GeoBG),
- verlässliche Finanzierungsmodelle,
- frühe Projektpartnerschaften und
- technisch versierte Machbarkeitsanalysen.
Wenn Kommunen, Investierende und Technologieanbieter Hand in Hand gehen, kann Geothermie tatsächlich ein Gamechanger für die Wärmewende vor Ort werden.
House of Energy wird diesen Dialog weiter betreiben, praxisorientierte Projekte begleiten und den Wissenstransfer innerhalb unseres Netzwerks vorantreiben. Wir laden Sie ein: Bleiben Sie mit uns in Austausch – gemeinsam gestalten wir die Wärmewende von morgen.