Smart Grid LAB Hessen testet Stabilität und Resilienz unter realen Bedingungen

©Milton Arias

Pressemitteilung | Das Smart Grid LAB Hessen bildet physisch nach, wie die „Straße der Zukunft“ in einem Wohnviertel aussieht. Die Leistungsdaten der einzelnen Gebäude, die als Prosumer fungieren, werden im intelligenten Netz des Reallabors gemessen, ausgewertet und zur Steuerung der Energieströme eingesetzt. Modellhaft demonstriert das LAB die künftige dynamische, effiziente und sichere Energieinfrastruktur. Es ist anpassungsfähig und kann auch Netzsituationen in anderen Ländern darstellen und analysieren.

Rödermark, 27. September 2022. In dem kürzlich in Betrieb genommenen Labor „Smart Grid LAB Hessen“ erforschen unter Leitung der Hochschule Darmstadt, die Projektpartner Ingenieurbüro Pfeffer, JEAN MÜLLER, QGroup und Tractebel verschiedenste Szenarien des Stromsystems der Zukunft. Begleitet und unterstützt wird das EFRE-geförderte Projekt vom House of Energy. Das Labor, in dem ein reales, intelligentes Stromnetz (Smart Grid) aufgebaut ist, befindet sich auf dem Gelände des Ingenieurbüro Pfeffer in Rödermark. Die Untersuchungen liefern wichtige Antworten für die praktische Einführung des Smart Grid: Wie kann die Netzstabilität gesichert werden, wenn an Tagen mit geringer Stromerzeugung viele Elektrofahrzeuge laden sollen? Wie verhindert man einen Netzzusammenbruch, wenn z.B. Speicher ausfallen? Wie kann erkannt werden, dass Hacker die Daten manipulieren und ggf. einen Blackout verursachen?

Im Smart Grid LAB wird in Echtzeit überwacht, was im Netz passiert, und der Stromfluss wird gemäß Angebot und Nachfrage gesteuert. Um den ständig wachsenden Bedarf an elektrischer Energie intelligent und bei minimalem Netzausbau sicher zu beherrschen, ist ein Paradigmenwechsel nötig. Aus statisch dimensionierten Netzen müssen dynamisch betriebene werden. Prof. Dr. Peter Birkner vom House of Energy unterstreicht: „Aufgrund der leistungsstarken und volatilen Energieerzeugung sowie der zunehmenden Elektrifizierung auf der Anwendungsseite ist der alleinige Netzausbau viel zu teuer und erfordert eine viel zu lange Umsetzungszeit. Zudem wird sich künftig regelmäßig die Richtung des Stromflusses in Verteilungsnetzen ändern.“

Im Projekt sind verschiedene Szenarien entwickelt worden, unter denen das Smart Grid LAB betrieben wird. Dazu gehört auch die Etablierung von Prosumern. Dies sind Kunden, die zeitweise Elektrizität erzeugen und zeitweise entnehmen. Das intelligente Netz sammelt die Energiedaten, analysiert und entscheidet autonom, wie die elektrische Energie am besten verteilt wird. Dazu kommen Flexibilitäten zum Einsatz. Diese können durch aktive Netzelemente, wie Spannungsregler, oder auch durch ein geändertes Lastverhalten der Kunden dargestellt werden.

Prof. Dr. Ingo Jeromin, Leiter des Fachgebiets Elektrische Energieversorgung, Erneuerbare Energien und Energieeffizienz an der Hochschule Darmstadt, betont: „Aufgrund der durch smarte Komponenten hervorgerufenen immer größer werdenden Datenströme und der hohen Komplexität des Stromnetzes wird die Netzführung immer anspruchsvoller. Es ist enorm wichtig, einen höchstmöglichen Schutz für alle Prozesse und sensiblen Daten zu gewährleisten. Datensicherheit und Resilienz sind zentral.“

Daher liegt ein Fokus im Projekt auf der Analyse der Datensicherheit. Alle Energiequellen und Verbräuche sind realen Vorbildern nachempfunden. So können gefahrlos auch herausfordernde Netzsituationen nachgebildet werden. Aus den Ergebnissen werden Voraussetzungen für den Einsatz in einem realen hessischen Verteilnetz abgeleitet.

Staatssekretär Jens Deutschendorf vom Hessischen Wirtschaftsministerium weist auf die hohe Bedeutung des Smart Grid LABs für Hessen hin und lobt den „Experimentierraum“ für das Energiesystem der Zukunft: „Solche Projekte mit Pioniercharakter schaffen Lösungen für ein innovatives und vernetztes Energiesystem und sorgen dafür, dass die Energiewende technisch funktioniert und abgesichert ist. Smart Grids sind sehr wichtig für die Integration eines höheren Anteils an erneuerbaren Energiequellen und damit für die Dekarbonisierung und Resilienz des Energiesektors.“

Hessische Experten aus den Bereichen Forschung, Engineering, IT-Sicherheit und Herstellung elektrotechnischer Schalt- und Mess-Komponenten arbeiten in dem Projekt interdisziplinär zusammen. Der Projektpartner JEAN MÜLLER entwickelt und fertigt vernetzungsfähige Niederspannungsschaltgeräte und Systeme und integriert diese in die Smart Grid-Infrastruktur. Der Multilevel Security Hersteller QGroup betrachtet die Resilienz und Segregationsanforderungen hinsichtlich der IT/OT Versuchsstellungen, der eingesetzten Betriebsmittel, ihrer Vernetzung und Steuerung über Sicherheitsgrenzen. So können Risiken im Falle eines Cyberangriffs nicht nur reduziert, sondern auch wirksam eingeschränkt werden. Darüber hinaus bringt der Projektpartner Tractebel seine Erfahrungen aus internationalen Energieinfrastruktur-Projekten ein und überträgt das Gelernte vom Smart Grid LAB Hessen auf den nationalen und internationalen Kontext.

 

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Ivonne Müller, B.A.

Presse und Öffentlichkeitsarbeit
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